
Altiplano-Lagunen und Salar de Atacama
Tour durch das Altiplano
Morgens um sieben wurde ich pünktlich im Hostel in San Pedro de Atacama abgeholt. In der Tür stand ein sehr unchilenischer Guide, der laut nach Germany rief, womit er mich meinte.
Draußen wartete ein in die Jahre gekommener Ford. Ich durfte vorne neben den Guide, Chris, groß, roter Vollbart, Tuch auf dem Kopf, Armyhose. Er ist mehr Wikinger als Chilene, da gebürtig aus Dänemark, aber mit 2 Jahren mit seinen Eltern nach Chile gekommen.
Er startete den Karren für die Altiplano – Tour mit „uno, dos, tres“, ein Ritual, das ich an dem Tag noch mehrmals beobachten konnte. Außerdem teilte er mir mit, dass wir nur zu fünft seien, also beinahe eine private Tour.
Wir holten noch zwei Chileninnen (Mutter, die ihre in San Pedro arbeitende Tochter besuchte) und eine Brasilianerin mit ihrem kleinen Sohn ab und machten uns auf den Weg zu dem entferntesten Punkt „Piedras Rojas“, 160 km ein Weg.
Frühstück am Straßenrand
Irgendwo auf der Straße hielten wir dann für ein Frühstück an. Da sind die Touren genial organisiert, die Guides haben immer alles dabei. In der Seitentür baute Chris ein komplettes Frühstück mit Cocatee, leckerem frischen Baguette etc. auf. Wer mal muss, kann ins baño naturale, was auf der völlig ebenen Fläche ohne größeren Busch das diskrete Nichthinschauen der anderen erfordert. Wenn man Glück hat, kommt auch kein anderes Tourenauto vorbei, passiert hier tatsächlich selten.
Höhenprobleme
Die Straßen im Altiplano sind weitgehend leer. Dem kleinen Brasilianer ging es von jetzt auf gleich schlecht, er ließ sein Baguette fallen und starrte regungslos vor sich hin – Probleme mit der Höhe. Der Wikinger nahm ihn kurzerhand mit zu ein paar Turnübungen und der Kleine erholte sich wieder, nachdem ich ihm auch noch ein Cocabonbon verabreichte.
Coca ist hier keine Droge, es gibt sie als Blätter, was aber vorzugsweise die Einheimischen sich in die Backe schieben. Alternativ kann man es als Tee und in Bonbons bekommen, beides sehr lecker. Der Tee wird häufig mit Mate kombiniert. Coca ist gut gegen die Höhenkrankheit und hält wach, macht aber nicht high.
Nach dem Frühstück ging es weiter, vorbei an ALMA, dem größten Observatorium überhaupt, denn hier ist der Blick in die Sterne perfekt – viel Höhe und wenig Luftfeuchtigkeit, Abgase oder so auch nicht.
Mitten in der Öde tauchen dann plötzlich Bäume auf, es handelt sich um ein Experiment mit einer Spezies aus Nordafrika, die sechs Meter tiefe Wurzeln hat und so auch noch an Wasser kommt, wo andere Bäume längst aufgegeben haben. Es ist ein richtiger kleiner Wald dieser Überlebenskünstler und ich finde es ganz spannend, was daraus werden kann. Meistens geht es ja nicht so gut, wenn eine nicht heimische Pflanze oder auch ein Tier eingeschleppt werden, weil diese dann häufig die einheimischen verdrängen. Ist so zum Beispiel auch mit unseren Enten oder mit dem Ginster in Patagonien, der sich unglaublich breit gemacht hat.
Aguas Calientes und Piedras Rojas
Schließlich kamen wir an einer Lagune an, die völlig zu Unrecht Aguas Calientes heißt, weil das Wasser sehr kalt ist. Chris setzte uns einfach ab und sagte, wenn wir ihn mit dem Auto wieder sähen, sollten wir zurück kommen, so in einer halben Stunde. Als ich ihm sagte, ich hätte keine Uhr, meinte er nur, ich wäre deutsch, die wären immer pünktlich. Ja dann!
Die roten Felsen am Rand der Lagune sehen aus, als seien sie von einem anderen Planeten. Das Rot stammt von dem hohen Eisengehalt. Wir begaben uns auf unseren Spaziergang, ohne zu wissen, wo wir Chris wiederfinden würden, aber in der Annahme, dass er uns schon wieder einsammeln würde. Am Ende war ich tatsächlich ohne Uhr die erste am Auto 🙂
Lagunas Miscanti und Meñiques im Altiplano
Die nächste Etappe führte uns zu zwei weiteren Lagunen, Miscanti und Meñiques, die jeweils nach dem dazugehörigen Vulkan benannt sind. Es gibt Vicuñas, die über 3000 m hoch lebenden Verwandten der Lamas und Guanakos, die wenig scheu bis ans Wasser kommen. Beeindruckend sind die vielen schönen Farben im Wasser und die mühseligen Wege, weil es einfach null Schatten gibt. Mir macht die Höhe von über 3.500 m zu schaffen.
Die Wege sind alle mit Steinen begrenzt, man darf sie nicht verlassen, um die Natur nicht unnötig zu ruinieren. Außerdem hatten die Enten der ersten Lagune gerade Brutzeit und sollten nicht gestört werden. Die Vulkane, die um die 6000 m hoch sind, sehen alle mehr oder weniger gleich imponierend aus. Schwarz mit rot und grün wegen der Erze stehen sie erhaben wie Könige in der Landschaft herum und sehen sehr unnahbar aus.
Mittagessen in einem kleinen Dorf
Mittlerweile war es Mittag und sehr heiß, alle Wolken hatten sich verzogen. Wir fuhren zur nächsten Station im Altiplano, einem kleinen Ort, an dem es Essen geben sollte. Ich frage mich, wie man in diesen gottverlassenen Orten überhaupt leben kann. Es gibt ein paar Häuser, eine Straße und ein Restaurant, in dem bei uns kein Mensch essen gehen würde. Irgendwas war in der Planung schief gelaufen, aber die Wirtin packte uns kurzerhand an einen Tisch und satt wurden wir auch. Sie hatte uns ganz offensichtlich nicht erwartet. Wir bekamen das, was alle bekamen und es kamen jede Menge Leute aus dem Dorf. Manchmal würde ich wirklich gerne mehr von dem verstehen, was gesprochen wird. Aber die Unterhaltung zwischen Wirtin und Wikinger Chris wurde in rasendem Tempo abgehalten.
Salar de Atacama
Nach dem Essen wieder ab ins Auto und in die Salar de Atacama, die Salzwüste zum Nationalpark “Los Flamencos” (Chaxa Lagoon). Mittlerweile waren wir locker bei 35 Grad angekommen und hingen schon ziemlich erschlafft in den Sitzen. In der Salar muss man wieder (wenig) Eintritt bezahlen, das Auto bleibt zurück und die beiden Chileninnen streikten auch. Also ging ich mit der Brasilianerin und ihrem Sohn über die weiße Salzkruste bis zu einer Lagune mit Flamingos und anderen Vögeln. Wir fotografierten ein bisschen und schleppten uns dann zum Auto zurück. Ohne Sonnenschutz auf Haut und Kopf ist man hier schnell eine verdorrte knallrote Mumie.
In Socaire – Shopping-Stop
Danach geht es wieder zurück zur Hauptstraße, die Attraktionen liegen alle hinter langen Schotterwegen, und zum letzten Punkt des Tages. Besuch eines kleinen Dorfes, Socaire, eine Art Oase mit einer niedlichen kleinen Kirche. Interessanterweise steht der Kirchturm allein auf der anderen Seite der Straße.
Der Hauptzweck dieses Besuches ist der Kauf von Wasser, Eis und Andenken, denn viele andere Einnahmequellen gibt es hier nicht. Ich verstehe, dass das für die Dörfer wichtig ist, aber es macht mir keinen Spaß, wie bei einer Kaffeefahrt moralisch zum Kaufen gezwungen zu werden. Geht eh nicht, da ich ja den Rucksack tragen muss.
Nachmittags waren wir zurück in San Pedro und ich schlenderte nach einer langen Dusche noch durch das Dorf, um alles für die Uyuni-Tour zu besorgen. Pflicht sind Snacks und vor allem ein Kanister mit 5 Litern Wasser, der für die drei Tage reichen muss. Außerdem muss man seinen Rucksack so packen, dass man alles für den Tag hat. Dazu gehört Kleidung für warm und kalt und was man sonst so braucht. Der große Rucksack wird auf dem Dach verstaut und kommt erst abends wieder runter.
Die Tagestour zu den Lagunen war schön und anstrengend und ich hätte gut einen Tag vor der nächsten Tour Pause machen können.