
Reserva Natural Kasaguadua (Salento)
Von Salento aus zu Fuß in die Reserva Natural Kasaguadua
Um neun Uhr ist Treffpunkt am Eingang zu dem kleinen Naturreservat Reserva Natural Kasaguadua. Um dahin zu kommen, laufe ich von meinem Hostel aus über die Carretera 5 so etwa 2,5 km, geschätzte 40 Minuten, sagte man mir.
Die geteerte Straße endet direkt hinter dem Dorf und dann läuft man durch eine schöne Gegend immer bergab, bis hinter einer Kurve der Eingang auftaucht. Gelegentlich fuhr noch ein Jeep oder ein Motorrad an mir vorbei. Einsam, aber man hätte mir auch gesagt, es sei sicher, auch allein dort zu laufen.
Von der Kaffeeplantage zum Naturreservat
Am Eingang war schon eine kleine Gruppe versammelt, insgesamt waren wir sieben und der Guide Nicholas. Seit 10 Jahren arbeitet er mit einem Kolumbianer zusammen daran, diese Gegend wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Vorher war hier eine Kaffeeplantage. Er hat uns auch erzählt, dass viele herkamen, um Kaffee anzubauen, Salento dafür aber gar nicht sooo geeignet sei.
Und dann erzählt er auch noch, dass vor zwei Tagen genau auf meinem einsamen Weg zwei Besucher ausgeraubt wurden. Na toll. Gut, dass ich das nicht vorher wusste. Allerdings war das das erste Mal seit Jahren und man hat die (mit Pistole bewaffneten) Räuber auch schon erwischt.
Die Bäume sind schlauer als wir
Wir wandern auf einem steilen, schmalen Pfad bergab und das war eine der interessantesten Führungen, die ich jeh hatte. Es gibt im Regenwald so viele Spezies, dass sie eigentlich im Wettstreit um die Ressourcen des Bodens leben. Aber statt sich zu bekämpfen, arbeiten sie miteinander – ein Gedanke, der bei der Spezies Mensch auch mal ganz nett wäre.
Auf den Bäumen wachsen Epiphyten, wie zum Beispiel Bromelien und Orchideen. Aber sie klammern sich nur am Baum fest und entziehen ihm nichts. Sie brauchen Licht und das gibt es im Regenwald eben weiter oben und nicht auf dem Boden.
Im Gegenzug locken sie Vögel an, speichern Wasser und helfen dem Baum, seine Samen weiterzutragen.
Außerdem gibt es eine Schlingpflanze, die als Semiparasit von oben nach unten am Baum entlangwächst, sich in seine Wurzeln gräbt und den Baum schließlich völlig umschlingt und aushöhlt.
Sieht dann noch aus wie Baum, ist aber keiner mehr. Der, den wir gesehen haben, hatte dann das Problem, dass ein weiterer Parasit sich nun um ihn schlingt und ihn vermutlich erledigen wird. Nicholas nannte das Karma!
Das Guadua in Kasaguadua bedeutet Bambus
und den haben wir auch reichlich gesehen. Er entwickelt spitze „Seitenwurzeln“ und wächst in Familien. Schneidet man einen ab, wächst daneben gleich ein neuer. Damit wird auch verhindert, dass die ganze Familie nach der Blüte stirbt. Das hatte ich schon in Argentinien gehört: einmal blühen und Feierabend.
Guadua ist eine besonders große Bambusart und dass Bambus ein Gras ist, wusste ich auch noch nicht.
Hostel mitten in der Reserva Natural Kasaguadua
Im Naturreservat gibt es auch ein kleines Hostel, das mit Bambus gebaut wurde. Superschön gestaltet, aber meinen Rucksack möchte ich nicht dahin schleppen.
Das Hostel ist auch unabhängig von der lokalen Wasserversorgung mit einem System von Tanks zum Filtern des Abwassers. Für die wabenartige Konstruktion der Hütten, die mit recycelten Plastikverbindern gebaut wurden, gab es auch schon einen Preis. Genial. Ich bin voller Bewunderung.
Beide Gründer haben irgendwann ihren Job aufgegeben, um dieses Projekt zu starten und mittlerweile werden sie auch vom Staat unterstützt, mit Material, Analysen etc – nicht mit Geld, um Korruption zu vermeiden.
Obwohl Nicholas diese Führungen sehr häufig macht, zeigt er ein unglaubliches Engagement. Der Besuch ist frei, aber ein Trinkgeld ist am Ende üblich. Das Projekt kostet viel Arbeit, denn an manchen Stellen ist es so kahl, dass gepflanzt werden muss.
Artenreicher Regenwald zum Anfassen
Zunächst wachsen Farne, die dem Boden Schatten spenden, damit mehr Feuchtigkeit gespeichert werden kann. Dann wachsen Pionierbäume und später alles Mögliche. Alles konnte ich mir nicht merken, aber ich fand es so beeindruckend, wie dieses Ökosystem funktioniert. Der Regenwald hier ist nach dem im Amazonasgebiet der artenreichste.
Es gab jedoch nicht nur Flora, sondern auch Fauna in Form einer kleinen Hundetschaft Baby-Tarantulas – die Mutter dazu haben wir allerdings nicht gesehen. Wir sind ganz vorsichtig um sie herumgelaufen und ich hoffe, es gibt keine im ebenerdigen Hostel.
An einer Stelle mussten wir über eine kleine Brücke laufen, um den unsichtbaren entstehenden Bach nicht platt zu treten, der erst ein paar Meter tiefer dann tatsächlich als Bach sichtbar wird.
Cocora – die Wachspalme
Auch hier wächst die Wachspalme, die Kolumbiens Nationalpflanze ist. Sie braucht endlose Jahre, bis sie als Palme erkennbar ist, denn zunächst wächst die Krone, die an einen großen Farn erinnert. Dann irgendwann wächst der Stamm, bis zu 60 m hoch, und sie kann 120 – 150 Jahre alt werden.
Im Valle de Cocora stehen nur diese Palmen (die übrigens keine Bäume sind, sondern eben Palmen), am Boden wächst sonst nur Gras. Der Palmenwald ist nur noch einige Jahre, vielleicht 10 oder 15, zu bewundern, denn um zu überleben und sich fortzupflanzen brauchen diese Palmen den Regenwald – sagt zumindest Nicholas. Monokulturen sind eben einfach doof.
Ja und dann war die Führung vorbei und ich habe mir, nicht nur wegen der Steigung beim Rückweg, einen Jeep mit zwei Spanierinnen geteilt, um ins Städtchen zurückzukommen.