Riohacha
Riohacha – breiter Stand und bunte Beutel 🙂
Riohacha kommt in den Reiseführern nicht gut weg. Hässlich, nichts los. Dabei ist es eine der ältesten Städte in Kolumbien und hat einen ganz schönen breiten Strand.
Wenn man lange genug sucht, findet man am Malecon, der Strandstraße, auch ganz hübsche Restaurants, die allerdings nicht ganz preiswert sind. Wer drinnen sitzen möchte, sollte sich warm anziehen, die Klimaanlage ist auf gefühlte 10 Grad eingestellt.
Blick über die Stadt
Die Stadt hat mittlerweile über 300.000 Einwohner, für europäische Ansprüche gibt es das eine oder andere Hotel am Strand, in einem bin ich bei meiner Exklusiv-Stadtführung (der Guide Sergio und ich allein ) gewesen, auf dem Dach (10. Etage und ja, Aufzug) hat das Hotel Taroa eine super Terrasse mit Blick über alles, sonst nur für Hotelgäste. Mein Hostel, das Caribbean Hostel, ist da sehr viel! bescheidener, die Zimmer haben wenig bis gar keine Fenster; dafür liegt es zentral und die Leute sind sehr freundlich.
Graffiti zur Geschichte
Überhaupt war meine 2,5 Stunden durch die Hitze laufen -Tour der Hit, denn ich habe jede Menge über die Region Guajira und Riohacha erfahren und schon ist die Stadt nicht mehr langweilig oder hässlich. Hätte ich viel öfter machen sollen, aber Faulheit gehört zum Urlaub schließlich auch dazu.
Tour durch Riohacha
Wir waren zuerst im Centro Cultural, ein moderner Bau mit Erklärungen zu allem, was Riohacha ausmacht. Früher bestand der Reichtum von Guajira in Perlen, die heute fast nicht mehr vorkommen.
Heute gibt es zwei große Erdgasplattformen vor der Küste. Auch ein großes Ölvorkommen wurde entdeckt, aber die Menschen hier lehnen weitere Plattformen und die Ausbeutung der Vorkommen ab, weil sie nichts davon haben, denn alles geht in die Kassen der Zentralregierung.
Genauso gibt es eine starke Bewegung gegen zu viel Tourismus, der das Ursprüngliche der Region ruinieren würde. Also wird es wohl noch lange sehr basic bleiben, was Straßen und Unterbringung und sonstige Touristenvergnügen betrifft. Ich finde das klasse, denn so kommen nur die, die genug Nerv haben, die Mahlzeiten mit Reis und Bohnen, Reis mit Bohnen und Zwiebeln, Reis mit Huhn, Reis mit Fisch und die ewigen Platanos (Kochbananen) in allen Varianten auszuhalten und die, die keine Angst vor Fröschen im WC oder der ein oder anderen Kakerlake und so in der Nacht haben
Die Hälfte der Bevölkerung ist indigen, vor allem die Wayuu und Arhuacos leben hier und in Venezuela. Sie bieten überall ihre schönen handgefertigten Beutel mit vielen bunten Farben (für Männer eher dunkler) in allen Größen an. Riohacha hat einen bunten Markt, den Mercado Nuevo, den wir natürlich besucht haben und seitdem bekommen wir den Rucksack definitiv nicht mehr zu. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, aber auch gar nichts mehr zu kaufen!!!
Zeichen der Wayuu-Familien
Was ich in Camarones für ein armes Hüttendorf gehalten habe, ist ein typisches Wayuu-Dorf. In Riohacha sind auf den Wegen und dem Obelisken am Stadteingang die 24 großen Clans mit ihren Familienzeichen zu finden.
Die offizielle Sprache neben Spanisch ist Wayuu. Im Krankenhaus gibt es sowohl traditionelle wie auch moderne Medizin. Die Freundin meines Guides ist eine Wayuu und er hatte mir vorher erzählt, dass normalerweise die Braut mit vielen Ziegen sozusagen „ausgelöst“ werden muss. Seine jedoch lebt in der Stadt und da ist das dann nicht mehr so streng. Für mein Gefühl findet hier ein gutes Miteinander der Kulturen statt, aber mein Bild ist natürlich von den Erzählungen des Guides geprägt.
Er arbeitet im Tourismus-Büro von Riohacha und macht nebenbei noch einige kulturelle Projekte. Wie er sagt, muss man in Kolumbien kreativ sein, um über die Runden zu kommen. Während wir unterwegs waren, erhielt er einen Anruf, dass der Gouverneur von La Guajira gerade abgesetzt wurde wegen (falscher, gefälschter???) Anklagen, Geld angenommen zu haben für irgendwas. Das hat meinen Guide erstmal sehr aus den Schuhen gehauen, weil seine Projekte jetzt alle in Gefahr sind.
Gabriel Garcia Marquez in Riohacha
Auch die Künstlerin, die den Lebensbaum mit Schmetterlingen gerade aufbaut, muss nun fürchten, die andere Hälfte ihrer Entlohnung nicht mehr zu bekommen. Von ihr stammt auch der gelbe Schmetterlingsbaum, der Bezug zu Marquez „100 Jahre Einsamkeit“ hat. Muss das Buch doch mal zu Ende lesen, fand es echt anstrengend. Andere von ihm sind deutlich einfacher zu lesen.
Marquez Ursprünge liegen in Riohacha. An zwei Häusern der Familie gibt es Gedenktafeln und „100 Jahre Einsamkeit“ beschreibt laut Guide Riohacha, da „Kanonen zu hören sind und der Ort am Meer liegt“, was hier nur auf Riohacha zutrifft. Aracataca behauptet das von sich allerdings auch und da ist er geboren.
Von der alten Festung ist allerdings nichts mehr übrig, nur jede Menge Kanonen, die auch beim Straßenbau häufig gefunden werden.
Das Gefängnis von Papillon
Das Haus, in dem heute eine Bank ist, war früher ein Gefängnis. Es beherbergte eine Zeitlang Papillon, der ja aber immer floh.
Auf zwei großen Wandgraffiti wird die Geschichte Riohachas erzählt, mit wunderbarer Rettung der Stadt vor einer Flutkatastrophe durch die Marienstatue aus der Kathedrale. Sie wurde zu den Fluten getragen und dabei fiel ihre goldene Krone ins Wasser, welches danach nicht weiter in die Stadt lief. Ein Kind fischte die Krone heraus und sofort stiegen die Wassermassen wieder an. Es musste die Krone wieder ins Wasser werfen und seitdem hat die Stadt keine Überflutung mehr gehabt. Das ist schon selbst fast ein typischer Roman von Marquez, aber hier kann man problemlos Magie und Realismus verbinden.
Nachdem ich alle diese Geschichten gehört und die Plätze gesehen habe, ergibt das lange Wandgraffiti auch völlig Sinn. Schon deshalb lohnen diese Führungen wirklich. Total spannend.